Wenn die Seele leidet: Wie medizinisches Cannabis gegen Depressionen helfen kann
Etwa jeder fünfte Deutsche erkrankt im Laufe seines Lebens an Depression – die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen. Von einer Volkskrankheit spricht die Deutsche Depressionshilfe angesichts der Anzahl an Patienten, die laut WHO immer weiter steigt. Betroffene leiden und sind dankbar für jede Hilfe, die Linderung verschafft. Cannabis hat sich diesbezüglich als eine vielversprechende Option entpuppt, die selbst die Wissenschaft überzeugt. Wir haben für Dich das Wichtigste zum Thema zusammengefasst.
Was sind die häufigsten Ursachen für Depressionen?
Die Ursachen für Depressionen sind vielseitig und nur ein Facharzt kann sagen, welche Auslöser hinter der Erkrankung des Patienten stecken. Doch auch wenn die Ursachen individuell verschieden sein können, wollen wir Dir hier die häufigsten von ihnen nennen. Sie sollen Dir einen Überblick verschaffen und Dir dabei helfen, sie zu vermeiden und so bestenfalls einer depressiven Erkrankung vorzubeugen.
Eine Studie der Deutschen Depressionshilfe beschäftigte sich mit der Frage nach den Auslösern und kam zum Ergebnis, dass das Spektrum sehr weit gefächert ist. Es reicht von vererbten genetischen Dispositionen über neurologische Ursachen bis hin zu Stoffwechselerkrankungen. Doch auch externe Ereignisse und Gegebenheiten können eine Depression auslösen.
So steht an erster Stelle der Studienergebnisse die Belastung am Arbeitsplatz. Dicht gefolgt wird diese von Schicksalsschlägen. Weitere Gründe für eine Erkrankung sind unter anderem Probleme mit Mitmenschen, Überlastung (durch dauerhafte Erreichbarkeit, Informationsflut und ähnliche Gründe) und eine falsche Lebensführung.
Interessanterweise spielt auch unsere moderne Lebensweise eine große Rolle bei der Entstehung von depressiven Erkrankungen. Smartphones und digitale Geräte sind laut Studie ebenso bedeutende Faktoren, die eine Depression begünstigen. Hinzu kommen eine schlechte Ernährung und Umweltgifte. Entgegen dem weit verbreiteten Irrtum, ist Charakterschwäche nur selten der Grund für eine Erkrankung und steht bei der Befragung an letzter Stelle.
Durch welche Symptome äußert sich eine Depression?
Willst Du wissen, wie Cannabis bei Depressionen helfen kann? Dann ist es wichtig, vorab die Symptome der Krankheit zu kennen. Auch, wenn keine depressive Erkrankung einer anderen gleicht. Verschiedene Erkrankungsformen, Ursachen und individuelle Faktoren prägen die Krankheit. Hier ein kleiner Überblick über die häufigsten Formen der Depression:
Unipolare Depression:
- Einzelne depressive Episode: Der Patient erleidet eine depressive Episode, ist sonst jedoch beschwerdefrei.
- Wiederkehrende depressive Episode (rezidivierende Depression): Der Patient hat wiederkehrende Intervalle mit Depressionen und dazwischen Intervalle, in denen es ihm gut geht.
- Dysthymische Störung: Die Grundstimmung des Patienten ist über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren dauerhaft gedrückt und rutscht hin und wieder in depressive Episoden ab.
Bipolare affektive Störung:
Die bipolare affektive Störung ist eine manisch-depressive Erkrankung. Depressive Episoden wechseln wellenartig mit manischen Hochphasen. Der Patient schwankt zwischen „himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt“, wie einige Therapeuten es ausdrücken.
Eines haben alle Formen der Depression jedoch gemeinsam: die Symptome. Diese ähneln sich bei den Patienten und prägen das Krankheitsbild.
Welche Symptome deuten auf eine Depression hin?
Die Symptome einer Depression lassen sich in Hauptsymptome und Zusatzsymptome unterteilen.
Zu den Hauptsymptomen zählen sowohl die depressive, gedrückte Stimmung als auch Freudlosigkeit und Verlust der Interessen.
Zu den Zusatzsymptomen zählen:
- Antriebsmangel und Lethargie
- Erschöpfung und Müdigkeit
- Schuldgefühle
- Grübelzwang
- Gefühl der Wertlosigkeit und vermindertes Selbstwertgefühl
- sozialer Rückzug („einigeln“)
- Konzentrationsstörungen und Gedächtnisstörungen
- Hoffnungslosigkeit
- Appetitveränderungen
- Überforderung und Resignation, selbst bei kleinen Aufgaben
- Unruhe bis hin zu Angst und Panikattacken
- Schlafstörungen
- Suizidgedanken
Die Deutsche Depressionshilfe gibt an, dass für die Diagnose Depression mindestens fünf Symptome über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen bestehen müssen. Unter diesen fünf Symptomen muss sich mindestens ein Hauptsymptom befinden. Je nach Intensität der Symptome kann es sich um eine leichte, mittelschwere oder schwere Depression handeln.
Achtung: Die oben genannten Symptome können auch durch eine andere Erkrankung entstehen. Eine finale Diagnose sollte daher immer nur ein Facharzt stellen!
Kann man in Deutschland Cannabis gegen depressive Erkrankungen verschrieben bekommen?
Ja, das ist möglich. Die Voraussetzungen für eine Therapie mit medizinischem Cannabis sind eine chronische Erkrankung oder schwerwiegende Symptome, die seit mehr als drei Monaten bestehen und die Lebensqualität des Patienten stark einschränken. Eine Depression erfüllt diese Kriterien, ganz besonders ein schwerer Verlauf. Dementsprechend kann ein Arzt Cannabis auch bei Depressionen verordnen. Sollte die Krankenkasse den Antrag auf eine Kostenübernahme ablehnen, kannst Du auch eine private Therapie machen und die Kosten selbst tragen. Zumindest, wenn Dein Arzt der Behandlung zustimmt und Dir ein entsprechendes Rezept ausstellt.
Wie kann Cannabis bei Depressionen helfen?
Sehr vereinfacht ausgedrückt, besitzt Cannabis eine stimmungsregulierende Wirkung. Das heißt, die Wirkstoffe THC und CBD können sich positiv auf die Stimmungslage auswirken. Englische Ärzte erkannten das schon im 17. Jahrhundert und verschrieben ihren Patienten Hanfextrakte gegen Depressionen.
Eine spanische Studie aus dem Jahr 2016 fand heraus, dass CBD an den 5-HT1A-Rezeptor bindet. Dieser ist auch als Serotonin-Rezeptor bekannt – und Serotonin wiederum gilt als Glückshormon. Die Studie ergab, dass CBD „schnelle und anhaltende antidepressive Wirkungen ausübt“.
Cannabis weist also einige Wirkungen auf, die sich positiv auf eine Depression auswirken können. Die entspannende Wirkung bekämpft Unruhe, Schlafprobleme und Stress. Auch Angstgefühle können durch sie reduziert werden. Das veränderte Denken und das Gefühl „in Watte gepackt“ zu sein, stoppen bei manchen Patienten den für Depressionen typischen Grübelzwang und das Hineinsteigern in negative Gedanken und Emotionen.
Glücksgefühle bis hin zu Euphorie können auftreten und die gedrückte Grundstimmung bei einer Depression durchbrechen. Viele Patienten berichten von Optimismus und Gelassenheit. Die appetitanregende Wirkung hilft gegen krankheitsbedingten Appetitverlust und unterstützt so dabei, auch auf körperlicher Ebene wieder zu Kräften zu kommen.
Durch die mentale und muskuläre Entspannung können viele Cannabis-Patienten mit Depressionen wieder besser oder sogar gut schlafen. Ein weiterer Vorteil von Cannabis: Da sich die Mehrheit der Anwender weniger oder gar nicht mehr an Träume erinnert, belasten die durch Depressionen oftmals verursachten Alpträume im Idealfall den Alltag der Patienten nicht mehr so stark.
Eine im Yale Journal of Biology and Medicine veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2020 mit 1819 Teilnehmern ergab, dass 95,8 Prozent der Befragten eine Verbesserung der Depressionssymptome spürten. Auch wenn die Forschung noch weitere Studien und Antworten benötigt, so sprechen schon heute die Ergebnisse für einen Einsatz von Cannabis bei Depressionen.
Was ist der Vorteil von Cannabis bei Depressionen im Vergleich zu Psychopharmaka?
Werden herkömmliche Antidepressiva überdosiert, kann es zu gefährlichen Nebenwirkungen kommen. Eine davon ist das Serotonin Syndrom, das durch eine zu hohe Serotoninkonzentration im Gehirn ausgelöst wird und tödlich enden kann. Cannabis hingegen kann in der Regel nicht tödlich überdosiert werden. Die Nebenwirkungen können zwar unangenehm sein, sind meist jedoch weniger vorhanden und zudem normalerweise gesundheitlich unbedenklich.
Ebenfalls ein Pluspunkt ist, dass Cannabis sofort seine antidepressive Wirkung entfalten kann. Herkömmliche Psychopharmaka hingegen beginnen oft erst nach einer vier- bis achtwöchigen Eingewöhnungsphase richtig zu wirken. Das kann in akuten Fällen mit Suizidgedanken zu lang sein. Medizinisches Cannabis sollte täglich in der vom Arzt verordneten Dosis eingenommen werden. Ähnlich wie bei Psychopharmaka bedarf es bei der Einstellung zu Beginn einer Therapie einer engmaschigen ärztlichen Betreuung.
Kann Cannabis herkömmliche Psychopharmaka ersetzen?
Es gibt Patienten, die nach der Gabe von Cannabis auf ihre klassischen Psychopharmaka verzichten können. Ob das auf Dich zutrifft, musst Du aber mit Deinem Arzt besprechen. Diese Entscheidung muss gut abgewogen und überwacht werden. Vielleicht hast Du Glück und Du benötigst keine zusätzlichen Pharmazeutika wie Antidepressiva zu Deiner Cannabis-Therapie. Andernfalls kann Cannabis eine bereichernde Erweiterung Deiner Behandlung sein und diese abrunden.
Beachte: Setze niemals ohne Rücksprache mit Deinem Arzt Deine Psychopharmaka ab – selbst, wenn Du Dich besser oder gut fühlen solltest!
Beachte bitte außerdem, dass zwischen der Medikamenteneinnahme und dem Cannabis-Konsum mindestens 2 bis 4 Stunden liegen sollten, um Wechselwirkungen zwischen beiden Medikamenten möglichst zu vermeiden.
Was muss man bei der Einnahme von Cannabis zur Behandlung von Depressionen beachten?
Die Kombination Cannabis und Depression zeigt viele Vorteile, kann jedoch auch Stolperfallen bergen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn medizinisches Cannabis missbräuchlich verwendet wird. Nimm es niemals ein, um Deine Probleme und Sorgen zu unterdrücken oder vor Deinen Emotionen davonzulaufen.
Das sorgt nicht nur dafür, dass sie irgendwann geballt und eventuell sogar noch stärker zu Dir zurückkommen. Deine Probleme können durch das Verdrängen auch wachsen. Begib Dich also gleichzeitig zu Deiner Cannabis-Therapie auch in eine Psychotherapie.
Vorsicht: Cannabis kann als Problemlöser angewendet schneller zu einer psychischen Abhängigkeit führen, als bei einem sachgemäßen medizinischen Gebrauch.
Kann Cannabis die Depression auch verschlechtern?
Leidest Du unter Antriebslosigkeit, kann Cannabis diese im Einzelfall verstärken. Zudem ist es möglich, dass das berauschende THC Angstzustände und negative Gefühle verstärkt und somit die Depression eher verschlechtert. Achte daher gut darauf, wie es Dir nach der Einnahme geht und berichte Deinem Arzt von negativen Auswirkungen auf Deine Psyche. Nur so können Anpassungen in Dosis und Sorte vorgenommen werden, die am Ende zum Ziel führen: Deinem Wohlbefinden!
Fazit: Wie kann Cannabis Depressionen lindern?
Betroffene sowie Studien sind sich einig: Cannabis hat ein großes Potenzial, eine deutliche Verbesserung der Symptome einer Depression zu bewirken. Das enthaltene THC und CBD können die Stimmung aufhellen, entspannen und Angst reduzieren. Der Schlaf kann zudem verbessert werden, sodass Anwender nachts wieder besser zur Ruhe kommen und Kraft tanken können.
Auch wenn die Wissenschaft die ein oder andere Frage sicher noch klären muss, ist Cannabis schon jetzt eine willkommene Ergänzung zu klassischen Psychopharmaka. Die Sicherheit von nur wenigen Nebenwirkungen machen Arzneimittel aus der Pflanze zu sehr sicheren und erfolgversprechenden Präparaten.
Da depressive Erkrankungen zu den schweren und oft lang anhaltenden Erkrankungen zählen, solltest Du bei der Krankenkasse einen Kostenübernahme-Antrag stellen. Sollte man diesen ablehnen, kannst Du auch eine privat finanzierte Therapie beginnen. Die Erkenntnisse der Wissenschaft zeigen: ausprobieren kann sich lohnen! Immerhin gaben in einer Yale-Studie 95,8 Prozent der Teilnehmer an, eine Verbesserung der Symptome wahrzunehmen. Einen Versuch dürfte es also mehr als wert sein. Alles Gute!