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Terpene sind chemische Verbindungen, die jede Pflanzenart in individueller Zusammensetzung produziert. Die Stoffe wirken sich auf Farben und Aromen von Zellen aus. Sie sind somit hauptverantwortlich für den typischen Geruch und Geschmack von verschiedenen Pflanzen. In der Cannabisforschung wird vermutet, dass die für den typischen Hanfgeruch von Cannabisprodukten verantwortlichen Terpene die Wirkung von Cannabinoiden beeinflussen. So lassen sich Wirkungsunterschiede verschiedener Sorten mit gleichem Gehalt an THC und CBD erklären. Ärzte und Patienten sollten auf der Suche nach dem passenden Wirkstoff für individuelle Beschwerden nicht nur statistische Werte von Cannabinoiden beachten. Vielmehr geht es darum, auf Basis von Erfahrungswerten die spezielle Wirkungsweise verschiedener Cannabissorten zu berücksichtigen.
Mehr als 8.000 natürliche Terpene sind bisher bekannt. Es gibt fünf verschiedene Arten von Terpenen, die nach der Anzahl ihrer Isotopen unterschieden werden. Hinzu kommen über 30.000 bekannte Terpenoide, die aus Terpenen abgeleitet werden. Die Stoffe verleihen Pflanzenteilen ihren distinktiven Duft und kommen in besonders hoher Konzentration in ätherischen Ölen vor. Lavendel, Nadelbäume und Cannabis erhalten ihren unverwechselbaren Geruch also durch Terpene. Insekten reagieren sensibel auf die Aromastoffe – manche Arten werden durch bestimmte Terpene angelockt, andere werden abgeschreckt. So bilden Pflanzen durch Biosynthese von Isopren einen individuellen Schutz vor Fressfeinden und locken Bestäuber an.
Terpene dienen als pflanzliche Botenstoffe zur Anregung oder Abschreckung anderer Lebensformen und regen vor allem neurologische Prozesse an. Die Wirkung vieler Aromastoffe wie beruhigender Lavendelduft oder anregender Sandholzduft basiert auf der Wechselwirkung zwischen Terpenen und dem menschlichen Nervensystem. In der Onkologie werden Terpene in konzentrierter Form aufgrund ihrer nachweislich krebshemmenden Wirkung eingesetzt. Auch die entzündungshemmende Wirkung bestimmter Terpene gilt als belegt und findet Anwendung in der modernen Medizin. Da die Wirkung sich in Verbindung mit anderen Pflanzenstoffen wie Cannabinoiden verändern kann, ist das volle Wirkungsspektrum der Pflanzenstoffe experimentell kaum erfassbar. In medizinischen Fachkreisen wird angenommen, dass Terpene die Wirkung von THC und anderen Cannabinoiden in medizinischem Cannabis verstärken können.
Jede Cannabissorte verfügt über ein individuelles Terpen-Profil, das die Wirkung von Cannabinoiden beeinflusst. Bei der Züchtung von Cannabissorten zur Verwendung im medizinischen Bereich wird erst seit kurzem besonderes Augenmerk auf das Terpen-Profil der Pflanzen gelegt. In Zukunft könnten medizinische Cannabissorten durch weitere Erforschung der Wechselwirkung zwischen Terpenen und Cannabinoiden noch gezielter zur Behandlung bestimmter Krankheiten und Beschwerden gezüchtet werden. So könnten Patienten mit psychischen Leiden oder chronischen Schmerzen gezielt Cannabissorten einnehmen, die Terpene wie Beta-Caryophyllen und Myrcen enthalten. Die nervenberuhigende Wirkung von Myrcen wurde unter anderem in britischen Studien belegt.
In einer amerikanischen Studie im Jahr 2021 konnten vier Terpene der Cannabispflanze identifiziert werden, die wie THC an den Cannabinoid Rezeptor 1, kurz CB1 andocken können. In Verbindung mit Cannabinoiden wie THC und CBD lassen sich positive Effekte nach der Einnahme so verstärken. Aufgrund des Entourage-Effekts verschiedener Wirkstoffe in der Cannabispflanze macht es bei Behandlungen Sinn, Vollspektrum-Produkte oder ganze Pflanzenteile zu gebrauchen. So kann sich die volle Wechselwirkung der Stoffe entfalten, was bei isolierten THC- oder CBD-Extrakten nicht der Fall ist.
Die Cannabispflanze kombiniert hunderte verschiedener Terpene, die für das typische leicht ölige Aroma der Pflanze verantwortlich sind. Von einigen häufig vorkommenden Terpenen ist die genaue Wirkung bereits bekannt. Häufig werden die Stoffe übrigens nach ihrem typischen Geruch benannt:
Der medizinische Nutzen der Stoffgruppe wird aktuell weltweit erforscht. So fanden Forscher der Universität Leipzig erst kürzlich eine Methode zur Synthetisierung von Terpenen. Zahlreiche Studien der letzten Jahre weisen darauf hin, dass bestimmte natürliche Terpene sowohl als Extrakt als auch im Zusammenspiel mit Cannabinoiden Krebszellen bekämpfen. Dieser antikarzinogene Effekt konnte sowohl in vitro als auch in vivo bestätigt werden. Terpenmoleküle zersetzen Krebszellen also im Laborversuch in der Petrischale ebenso wie in Tierversuchen. Das gilt jedoch nicht für jede Gruppe von Terpenen: Isolierte Myrzene wirkten bei In-Vitro-Versuchen beispielsweise krebshemmend, bei Versuchen an Ratten jedoch krebsfördernd. In medizinischem Cannabis enthaltene Terpene wirken Krankheiten wie Krebs nicht nur symptomatisch sondern vor allem ursächlich entgegen. Die im Cannabis enthaltene Entourage aus Terpenen, Cannabinoiden und Flavonoiden ist nach aktuellem Forschungsstand die effektivste Möglichkeit, um die medizinischen Vorteile der Stoffe nutzen zu können. Da die umfängliche Wirkung von Terpenen und ihr pharmakologischer Nutzwert aktuell erforscht werden, bleibt Patienten der Konsum von medizinischem Cannabis als natürliche Alternative zu kommenden Terpen-Präparaten und Terpen-Therapien.
Die antidepressive Wirkung von Terpenen in Verbindung mit Cannabinoiden wurde in vielen Studien bestätigt. Als Nahrungsergänzungsmittel oder als Aromastoff für Tabakwaren sind Terpen-Extrakte frei verkäuflich. Eine beruhigende Wirkung von konzentrierten Terpenen ohne Cannabinoide konnte in Studien bisher nicht belegt werden. Aromastoffe wie Humulen oder Limonen wirken jedoch angenehm und können die neuronale Aktivität anregen. In der naturheilkundlichen Aromatherapie haben Terpene deshalb einen anderen Stellenwert als in der Psychopathologie. Als Antidepressivum können Terpenextrakte allein nicht wirken. Der Konsum von medizinischem Cannabis mit hohem Anteil an stimmungsaufhellenden Terpenen kann die Stimmung jedoch sowohl kurzfristig als auch langfristig verbessern.
Die Cannabinoide THC und CBD sowie viele in der Cannabisblüte enthaltenen Terpene haben eine schmerzhemmende Wirkung. Diese wird im Zusammenspiel der Wirkstoffe noch verstärkt. Medizinisches Cannabis mit hohem Anteil an Myrzen und Humulen wird aufgrund seiner antiflammatorischen Wirkung bei chronischen Schmerzen eingesetzt. Entzündungshemmende Terpene spielen bei der Behandlung von chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa eine Rolle. Sie können aufgrund ihrer nervenberuhigenden und entspannenden Wirkung aber auch bei Migräne, Fibromyalgie und bei zyklusbedingten Unterleibsschmerzen unangenehme Symptome mildern.
Beim Einsatz von medizinischem Cannabis spielt der Entourage-Effekt eine wichtige Rolle. Verschiedene Cannabissorten mit gleichem Gehalt an CBD oder THC können sich aufgrund ihres Terpen-Profils in ihrer Wirkung stark voneinander unterscheiden. Die Auswahl der richtigen Cannabissorte sollte in Absprache mit einem erfahrenen Arzt erfolgen. Konzentrierte Produkte wie isolierte THC- oder CBD-Extrakte können ihre volle Wirkungsweise ohne Terpene nicht entfalten. Gleichzeitig entfalten Terpene ihre Wirkung erst in Verbindung mit THC und anderen Cannabinoiden. Zur Behandlung von depressiven Erkrankungen, chronischen Schmerzen oder Krebs empfiehlt sich deshalb nach derzeitigem Wissensstand die Nutzung von Vollspektrum-Produkten. Sie enthalten sämtliche Inhaltsstoffe aus der ganzen Cannabisblüte und können Symptome ganzheitlich lindern.
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